Wie auf Scherben

Es knarzt, knistert und der Hund will nicht weiterlaufen, weil es sich auf dem Boden anfühlt wie auf Scherben zu laufen. Ein kleiner Hügel aus Jakobsmuscheln türmt sich vor uns auf. Am Hafen von Port-en-Bessin haben sich Unmengen von diesen großen,  wunderschönen Jakobsmuscheln angesammelt. Die Ebbe lässt uns einen Blick auf die senkrecht gestapelten, von der Brandung aufgetürmten,  zu Mustern gefalteten Muscheln werfen. Die Landungsstrände unterhalb der Steilküste wirken endlos und ein paar Kinder spielen im Sand an einem Überbleibsel des 2. Weltkriegs.

Sand, Bunker und ein Lächeln

Mit einem Lächeln bietet uns ein Franzose Macarons an. Dankend nehmen wir die süße Verführung an, in dem kleinen Kiosk neben der Batterie der deutschen Wehrmacht. Gegenüber sitzen Franzosen, deren Gesichter mit einer US-Army Maske bedeckt sind. Wir sind an den Stränden der Normandie, an denen die Alliierten vor 75 Jahren gelandet sind. Hier wurde sehr viel Blut vergossen und die Bunker der Deutschen, die wir sehen, sind noch fast unzerstört. Die Batterie Longues-sie-Mer ist die einzige des Atlantikwalls mit noch erhaltenen Kanonen. Vor der Invasion 1944 wurde sie mehrfach bombardiert und am 7.6.1944 ergab sich die gesamte Besatzung den Briten.  Ein Mann hilft seiner Freundin, den Sprung vom oberen Teil des Bunkers zu wagen. Die Strände sind riesig und unser Hund Fanta tollt freudig im Sand um die Trümmer der Geschichte herum. Wir müssen lächeln, wie auch die Macarons uns ein Lächeln entlocken. Ein ambivalentes Gefühl beschleicht uns hier, nicht minder weil wir die einzigen Deutschen sind. 

Auf einen Café nach Deauville

70 Pferdegestüte hat Deauville in der Umgebung. Am letzten Sonntag im August findet das letzte Pferderennen der Saison statt. Es regnet, stürmt und es ist kalt. Da werden die Damen ihre Hüte wohl zuhause lassen müssen. Wir fahren an der leeren Promenade entlang und können im Regen leider nicht die berühmte Strandpromenade besichtigen. Alle waren sie hier: Rita Hayworth, Bette Davis, Michael Douglas, Susan Sarandon und viele mehr kamen zum Festivals seit den 40er Jahren.  Das Festival ist seit 1975 dem amerikanischen Independentfilm gewidmet.  Ein Stern am Boden in Hollywood ist hier ein „planche“ vor den Badehäuschen. Teure Luxusgeschäfte und Grandhotels sind wie Perlen aufgereiht. Ein kleiner, feiner Markt mit teuren Delikatessen und Pelzen liegt auf unserem Weg.  Ein normales Café mit den Marktleuten lässt uns im Trockenen verweilen. Einen Café kann man sich leisten, im legendären Deauville. 

Das Glück liegt in der Wiese

Das Glück liegt in der Wiese heißt ein französischer Film, in dem zwei alte Freunde eine frühere Liebschaft auf ihrem Bauernhof besuchen. Auf ihrer Reise fahren sie durchs schöne Frankreich und machen oft einen Umweg zu besonderen Restaurants. Wir machen einen Umweg über die kleine Küstenstraße bei Fercamp, um landschaftliche Leckerbissen zu sehen. Grüne Wiesen mit Kühen und die weißen Felsen der Alabasterküste wechseln sich ab. In Veules-les-Roses begrüßt uns ein lustiger Bär vor einem Hauseingang. Die Häuser sind aus Feuersteinen gebaut und sehen wieder ganz anders aus als weiter nördlich. Das Glück war mit uns, denn Regen und Sonne wechselten sich ab. Wir waren bei jedem Stopp im Trockenen. Zum Abschluss gab es noch einen Leckerbissen, einen Käse in Herzform von den glücklichen Kühen der grünen Wiesen. 

Muscheln, Möven und Louis de Funes

Aus dem Lautsprecher eines Kiosks tönt „nothing compares to you“ von Sinead o‘Connor als wir in der Stadtmitte von Mers-les-Bains eintreffen. Welch passender Empfang denken wir, als wir die Fassaden in der um die Jahrhundertwende entstandenen Stadt sehen.  Vergleichbares haben wir bis jetzt noch nicht gesehen. Die gesamte Promenade ist gesäumt von bunten, mit Holz verzierten Giebeln und Erkern. Türkis, rosa, grün und gelb und im Hintergrund das blassblaue Meer des Ärmelkanals. Große Kieselsteine bilden den breiten Strand, an dessen Horizont Menschen im Meer baden und surfen. Vor einer traumhaften Kulisse essen wir Pommes Frites mit Muscheln und sind dankbar für die Sonne, die Möven und die Normandie, die uns so wunderbar empfängt. Auch der Campingplatz ist unvergleichlich. Wir sind alleine mit ein paar Dauercampern und die Sanitäranlagen sehen aus wie aus einem Film mit Louis de Funes.